Dem Fachkräftemangel von heute begegnen, ist für viele Unternehmen schon eine Herausforderung. Der Fachkräftemangel von morgen ist aber eine noch größere, denn die Boomer-Generation wird in den nächsten Jahren aus dem Arbeitsmarkt verschwinden. Eine riesige Lücke, die Arbeitgeber mit kompetenten und zuverlässigen Mitarbeitenden der nächsten Generation füllen müssen. Mütter und Väter, die jetzt (kleine) Kinder haben und deshalb Teilzeit arbeiten, werden dann zu einer unschätzbaren Ressource. Mitarbeiterbindung ist deshalb heute das A und O für Unternehmen.
Mitarbeiterbindung ist in der HR-Strategie DAS zentrale Thema
Mitarbeiter sind das wichtigste Gut eines Unternehmens – ohne sie steht und fällt alles. Das zeigt der Fachkräftemangel immer deutlicher. Unternehmen müssen deshalb schon längst umdenken:
- Was biete ich als Arbeitgeber eigentlich meinen Mitarbeitenden?
- Warum sollte jemand bei mir/bei uns arbeiten wollen?
- Wie steht es eigentlich um unsere Unternehmenskultur und um unsere Employer Brand?
Diese und weitere Fragen sollte sich jeder Arbeitgeber heute stellen. Nicht umsonst ist das Thema Employer Branding überall präsent und wird von vielen Unternehmen auch schon mit Nachdruck verfolgt. Und: Employer Branding ist ein langfristiger Prozess, der auch ein Vorausdenken in die Zukunft erfordert, eine Antwort auf die Fragen: Wie wollen wir uns auch zukünftig als Arbeitgeber aufstellen? Welche Werte wollen wir vertreten und wie wollen wir mit unseren Mitarbeitenden auch in 20 Jahren umgehen? Wie können wir Mitarbeitende langfristig an uns binden und heute schon den Grundstein für eine ausgewogene und nachhaltige Personalstruktur von morgen legen?
Mitarbeiterbindung und -entwicklung ist hier das zentrale Stichwort. Denn: Im Kampf um die Talente werden die Unternehmen bestehen, die nicht ständig neu einstellen müssen, sondern die ihre Mitarbeitenden langfristig an sich binden.
Nicht nur, dass diese Unternehmen Kompetenz intern aufbauen und weiterentwickeln – Mitarbeitende, die lange im Unternehmen verbleiben und sich mit Prozessen, Dienstleistungen und Produkten auskennen, arbeiten auch schneller und tragen damit zu einem höheren Unternehmenserfolg bei (wunderbar beschrieben auch in „THE BIG FIVE FOR LIFE“ von John Strelecky). Eine Win-Win-Situation für jeden Arbeitgeber.
Mütter und Väter von heute sind auch die Mitarbeitenden von morgen
Mitarbeiterbindung ist jedoch mehr als der Sportkurs jeden Dienstag-Nachmittag, der obligatorische Obstkorb im Büro oder wöchentliche Team-Meetings, um miteinander im Gespräch zu bleiben und ein fokussiertes Arbeiten zu ermöglichen. Es ist auch mehr als die Fuck-up-Night, bei der hin und wieder Führungskräfte genauso wie andere Mitarbeitende ihre Fehler feiern. Mitarbeiterbindung muss über all das hinausgehend auch Lösungen und Angebote für spezielle Gruppen innerhalb der Belegschaft beinhalten, die auf spezielle Lebenssituationen zugeschnitten sind. Eine solche Gruppe sind die Mütter und Väter, die Teilzeit arbeiten, weil sie familiäre Care-Arbeit leisten.
Warum?
- Weil diese Gruppe von Menschen noch zwischen 20 und 40 Jahren Arbeitsleben vor sich hat.
- Weil Mütter und Väter aufgrund der familiären Verpflichtungen zunehmend Teilzeit arbeiten, dabei jedoch nicht ausreichend wertgeschätzt oder als vollwertige Mitarbeitende gesehen werden; das wiederum schadet der Bindung ans Unternehmen.
- Weil in deren aktuellem Lebensabschnitt die Kinder vielleicht mehr Priorität besitzen als die Karriere – das aber nicht zwingend so bleibt.
- Weil es auch die Mütter und Väter gibt, die trotz kleinen Kindern schon jetzt weiter Karriere machen wollen – und die leider zu oft in diesen Bestrebungen gebremst oder übergangen werden.
Unternehmen müssen sich bewusst machen: Wenn sie heute in die Bindung von (jungen) Müttern oder Vätern investieren und dies kontinuierlich beibehalten, profitieren sie in Zukunft – und das langfristig – von loyalen und äußerst erfahrenen Mitarbeitenden.
Hier trennt sich die Spreu vom Weizen: Arbeitgeber, die langfristig denken und planen, wissen, dass diese Mitarbeitenden in langfristiger Perspektive ihre Stunden möglicherweise wieder aufstocken – eine wichtige und wertvolle Einsicht und Perspektive. Denn wer heute kleine Kinder hat, hat in 10-15 Jahren die Kinder aus dem Haus, das sollte jeder Arbeitgeber berücksichtigen.
Deshalb ist es wichtig, auf diese Gruppe der Arbeitnehmer einzugehen und diese schon jetzt nachhaltig an sich als Unternehmen zu binden.
Mütter und Väter in Teilzeit-Arbeit ans Unternehmen binden – wie gelingt es?
Welche Maßnahmen können Unternehmen also ergreifen, um Mütter und Väter langfristig an sich zu binden?
Zuerst einmal sollten Arbeitgeber sich ehrlich und selbstkritisch fragen:
- Empfinde ich Teilzeit-Mitarbeitende als Mitarbeitende zweiter Klasse?
- Wie steht es um das Thema Diskriminierung von Müttern und Vätern in unserem Unternehmen?
Denn der erste Schritt besteht schon darin, Mütter und Väter, die Teilzeit arbeiten, als vollwertige Mitarbeitende wertzuschätzen. Diese Grundeinstellung zeigt sich auch im konkreten Umgang mit den Mitarbeitenden.
Darüber hinaus sind geeignete Maßnahmen, um Wertschätzung auszudrücken und die Bindung zu stärken, folgende:
- Ein umfassendes Reboarding nach der Elternzeit
- Regelmäßige Mitarbeitergespräche, in denen die Perspektiven im Unternehmen besprochen werden: Ist die aktuelle Stunden-Anzahl zu viel oder zu wenig? Ist der/die Mitarbeitende mit dem Aufgabenbereich zufrieden? Wo sieht er oder sie sich beispielsweise in 5 Jahren (beim Thema Karriere)? Möchte sie/er schon frühzeitig (wieder) mehr Verantwortung übernehmen oder ist das aktuell gar kein Thema?
- Flexible Arbeitszeitmodelle – besonders für Eltern, die mehr als 20 oder 25 Stunden arbeiten wollen; Home-Office-Regelungen, Vertrauensarbeitszeit, Gleitzeit oder andere moderne Modelle wie Funktionszeit oder Jahresarbeitszeit
- Kinderkranken- und Urlaubsregelungen, die Luft zum Atmen lassen
- Die aktive Förderung von Teilzeitarbeit durch Jobsharing-Modelle
- Weiterbildungsangebote und aktives Talent Management, das Frauen und Mütter bewusst einbezieht
- Weitere Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf wie Betriebskindergärten oder anderweitige Unterstützung bei der Kinderbetreuung, auch in Ferienzeiten
- Gezielte Aktivitäten zur Stressreduktion/Entspannung/mentalen Gesundheit
- Vermeidung von ungleicher Bezahlung für Männer und Frauen und Diskriminierung vor, während oder nach der Elternzeit
Diese Liste ist nicht abschließend, soll aber zum Nachdenken und auch Nachfragen anregen. Arbeitgeber müssen mit ihren Mitarbeitenden in Kommunikation gehen, um zu erfahren, was diese brauchen – und welche Maßnahmen tatsächlich eine Hilfe sein können, abseits von allen theoretischen Überlegungen. Denn eins ist klar: Mütter und Väter geben jeden Tag an zwei Fronten ihr Bestes: Zuhause bei den Kindern und auch am Arbeitsplatz.
Um ihr volles Potenzial auch im Unternehmen zu entfalten und diesem langfristig erhalten zu bleiben, mit allem Know-how und aller Erfahrung, die sie während ihres Berufslebens ansammeln, brauchen sie aber besonders dann Unterstützung, wenn die Kinder noch klein bzw. im Schulalter sind. Arbeitgeber sollten das nicht als Sozialprojekt, sondern als Investition in die Zukunft ihres Unternehmens sehen.