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Jobsharing etablieren: Ein Leitfaden zur Umsetzung im Unternehmen

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Jobsharing im Unternehmen etablieren

Jobsharing: Mutti-Modell und Karriere-Killer? Oder doch ein Modell, das mehr Agilität, mehr Effizienz und mehr Flexibilität bringt? Beim Thema Arbeitsplatzteilung gibt es noch immer viele Vorurteile – ähnlich wie beim Thema Teilzeitarbeit. Eine Studie aus 2022 fand heraus, dass mehr als ein Drittel der Frauen und sogar über 50 % der Männer beim Jobsharing Nachteile für die weitere berufliche Entwicklung befürchten. Unternehmen können dem proaktiv begegnen, indem sie den Bedarf und den Trend zum Jobsharing ernst nehmen und dieses Arbeitsmodell gezielt implementieren und fördern.

Jobsharing: Was ist das überhaupt?

Jobsharing ist englisch und bedeutet so viel wie „Arbeitsplatzteilung“ – eine Vollzeitstelle wird demnach auf mindestens zwei Mitarbeiter*innen aufgeteilt. Diese bilden ein sogenanntes Tandem. Charakteristisch fürs Jobsharing ist, dass das Tandem nicht unabhängig und losgelöst voneinander arbeitet, sondern sich in der Regel absprechen muss, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. Ein gewisses Maß an Zusammenarbeit ist also gefragt. Wie die Mitarbeiter*innen sich den Job aufteilen, ist ganz unterschiedlich und kann von 50/50 bis zu 70/30 oder sogar 60/60 reichen. Letzteres Modell (oder auch 70/70) wird häufig in Führungspositionen verwendet, in denen ein höheres Maß an Absprachen und Überschneidungen der Arbeitszeiten notwendig ist.

Dabei ist Job-Sharing nicht gleich Jobsharing. Es gibt unterschiedliche Modelle, diese Arbeitsform umzusetzen. Diese reichen von klassischen Job-Pairing übers Top-Sharing bis hin zum Lagacy oder Succession Tandem, welches in der Nachwuchsförderung/Nachfolgeplanung genutzt wird. Dazu jedoch später mehr.

Vorteile und Nachteile für den Arbeitgeber

Warum sollten Arbeitgeber sich darum bemühen, Jobsharing im Unternehmen nicht nur anzubieten, sondern auch gezielt zu fördern? Ganz einfach, weil Studien bereits jetzt die positiven Auswirkungen von Jobsharing belegen:

  1. Jobsharing-Tandems sind produktiver.
  2. Jobsharing-Tandems sind belastbarer.
  3. Jobsharing-Tandems sind agiler.
  4. Jobsharing-Tandems vereinen insgesamt mehr Kompetenzen und Fachkenntnisse für den Job als eine Einzelperson.
  5. Der Wissenstransfer im Unternehmen wird gefördert.

Ganz zu schweigen davon, dass ein Fördern von Jobsharing im Unternehmen auch der eigenen Arbeitgebermarke zugutekommt – denn der Trend zur Teilzeitarbeit steigt. Zugleich ermöglichen Arbeitgeber mit dem Jobsharing es, im Teilzeitumfang trotzdem verantwortungsvolle Positionen oder gar Führungspositionen zu besetzen. Das kommt gerade bei denen, die aus familiären Verpflichtungen oder einer Work-Life-Balance heraus „nur“ Teilzeit arbeiten wollen und können, gut an.

Jobsharing bringt aber auch einige Nachteile mit sich, beispielsweise die erhöhten Kosten für die Besetzung einer Vollzeitstelle oder je nach Modell auch die erhöhten Kosten durch die zeitlichen Überschneidungen der Tandems. Zudem ist beispielsweise der Aufwand beim Recruiting höher, da ein Tandem zusammengestellt werden muss, welches gut zusammenarbeiten kann. Es gilt als Arbeitgeber jedoch, vorauszudenken und die Vor- und Nachteile in einer langfristigen Perspektive abzuwägen.

Ein Leitfaden: Jobsharing umsetzen und fördern

I. Jobsharing-Modelle: Welche passen in das Unternehmen?

Um Jobsharing erfolgreich im Unternehmen einzusetzen, ist es wichtig, die unterschiedlichen Formen des Jobsharings zu kennen. Vor allem kann man die eine oder andere Variante auch strategisch klug einsetzen, um beispielsweise das interne Nachwuchsmanagement zu lenken.

Folgende Formen gibt es:

  1. Job Pairing: Die Tandem-Partner*innen sprechen sich bezüglich ihrer Aufgaben miteinander ab und teilen die Verantwortung miteinander. Wichtige Entscheidungen werden stets gemeinsam getroffen. Diese Art des Jobsharings eignet sich im Grunde für alle ebenen, angefangen bei Fachkräften ohne Führungsverantwortung.
  2. Top Sharing: Dies bezeichnet Jobsharing in der Führungsetage. Das Tandem verantwortet strategische Entscheidungen gemeinsam und führt auch die Mitarbeiter*innen gemeinsam.
  3. Peertandems: Hier teilen sich zwei Fachkräfte eine schwer zu besetzende Schlüsselposition bzw. eine Position, für die vielseitige Kompetenzen gebraucht werden. Eine weitere Art, die dem ähnlich ist, ist das Crossfunctional / Crosscompany Tandem.
  4. Succession Tandems: Bei diesem Modell wird ein*e erfahren*e Mitarbeiter*in mit einer Nachwuchskraft für eine gewisse Zeit im Tandem zusammengestellt. Erstere*r kann die Nachwuchskraft an die eigene Position „anlernen“ bzw. heranführen – letztlich soll die Nachwuchskraft dann diese Position voll übernehmen. Gleichzeitig kann der erfahrene Kollege sich auf seine neue Position vorbereiten. Ähnlich ist das beim
  5. Legacy Tadem: Hier ist jedoch das Ziel, dass der ältere Mitarbeiter/die ältere Mitarbeiterin anschließend aus dem Unternehmen ausscheiden kann. Es handelt sich also mehr um eine Art Onboarding-Prozess.

Das Modell 4 ist auch eine hervorragende Methodik im Nachwuchsmanagement. Unternehmen sollten auf dem Schirm haben, dass dies auch ein gutes Instrument ist, um gezielt Frauen als Nachwuchs für Führungspositionen zu fördern.

II. Arbeitsrechtliche Voraussetzungen

Wie bei allen anderen Arbeitsformen auch gibt es fürs Jobsharing rechtliche Grundlagen und Rahmenbedingungen. Im § 13 Teilzeitbefristungsgesetz findet sich die Definition von Jobsharing als spezielle Form der Arbeitsplatzteilung im Rahmen eines Teilzeitarbeitsverhältnisses. Arbeitnehmer*innen

  • teilen sich die Arbeitszeit im Wechsel untereinander auf und
  • legen diese eigenverantwortlich fest.
  • erstellen einen Arbeitsplan, der für alle Beteiligten rechtsverbindlich ist.

Arbeitgeber müssen insbesondere auf die Vereinbarungen im Arbeitsvertrag achten. Denn sie verzichten teilweise auf ihr Weisungsrecht. Dieses müssen sie sich also zur Sicherstellung dringender betrieblicher Belange ausdrücklich im Vertrag vorbehalten. Außerdem sollten Arbeitgeber darauf achten, im Arbeitsvertrag eine grundsätzliche Bereitschaft zur Übernahme von Vertretungen (beispielsweise im Krankheitsfall) einzubinden.

Zuletzt gilt es noch, zu beachten, dass Mitarbeiter*innen, die Teil eines Jobsharing-Tandems sind, einen besonderen Kündigungsschutz genießen, und zwar in dem Fall, dass der andere Tandem-Partner kündigt. Bevor dem zweiten Tandem-Partner auch gekündigt werden kann, muss der Arbeitgeber zunächst Maßnahmen ergreifen, um den ausgeschiedenen Arbeitnehmer oragnisatorisch oder personell zu ersetzen. Und auch wenn das nicht erfolgreich war, gelten für den verbleibenden Tandempartner selbstverständlich weiterhin die geltenden Rechtsvorschriften zur Kündigung.

III. Rahmenbedingungen, die Jobsharing fördern

Um Jobsharing nicht nur strategisch und effizient einsetzen zu können, sondern auch im Unternehmen gezielt zu fördern und zu stärken, können Unternehmen eine Reihe von Maßnahmen ergreifen:

  • Einen Ansprechpartner/Experten im HR-Bereich ernennen/vorhalten – das sorgt für Sicherheit und Vertrauen
  • Unternehmenskultur anpassen – beispielsweise weg von der Erwartung, unbezahlte Überstunden zu leisten
  • Policies aufsetzen, um Jobsharing überhaupt zu ermöglichen – und passende Bewerbungsprozesse einführen
  • Unterstützung durch das Management sichern – steht die Führungsetage oder der/die direkte Vorgesetzte uneingeschränkt hinter den Tandems?

IV. Plattformen, die Tandems vermitteln

Die Personalabteilung muss das Jobsharing nicht neu erfinden – und auch beim Recruiting kann man sich am Anfang Hilfe holen oder auf externe Ressourcen wie Jobsharing-Plattformen zugreifen.

Plattformen, die Tandems zueinander bringen und vermitteln, sind beispielsweise:

  • Tandemploy
  • Twise
  • Jobtwins
  • etc.

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