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Talent Management 2.0: Karrierepfade öffnen und männliche Erfolgs-Stereotype überwinden

Talent Management : weibliches Potenzial erkennen und fördern

Talent Management ist die Kunst, Positionen mit Nachfolger*innen zu besetzen, bevor diese überhaupt vakant werden. Insbesondere Führungspositionen und Schlüsselpositionen. Während man früher meinte, Führung ginge nur in Vollzeit, gibt es heute schon erprobte Modelle, Führungspositionen und auch alle anderen wichtigen Positionen aufzuteilen – Stichpunkt Jobsharing. Geht das nicht auch bei der Talentförderung und Führungskräfteentwicklung? Und damit auch familienfreundlich?

Talent Management: Ist Talent männlich?

Im Talent Management geht es darum, High Potentials – also Mitarbeiter*innen, die überdurchschnittliche Leistungen zeigen oder das Potenzial dazu haben – frühzeitig zu erkennen und zu entwickeln. Das kann im Zuge von Weiterbildungen, Trainee-Positionen oder auch im Tandem mit Kollegen geschehen, deren Stellen später übernommen werden sollen. Die Ansätze, Schwerpunkte und Strategien zur Personalentwicklung sind von Arbeitgeber zu Arbeitgeber unterschiedlich: Einige legen eher auf fachliche Weiterentwicklung wert, andere wiederum auf Entwicklung der Soft und Leading Skills. Genauso wichtig wie die Strategie zur Talent-Entwicklung ist jedoch die Identifkation der Talente an sich. Denn genau da liegt ein Problem, das vielen Unternehmen gar nicht bewusst ist: Oftmals wird Talent immer noch männlich gedacht.

Eine Studie aus dem Jahr 2022 fand heraus, dass Unternehmen überwiegend Männer als Talente identifizieren, weil sie:

  • Erfolg und Führung in männlich assoziierten Stereotypen denken: Führungskräfte sollen demnach vorrangig Durchsetzungskraft besitzen und sich verkaufen können.
  • Karrierepfade ausschließlich vertikal und linear sehen: Wer nicht kontinuierlich die Karriereleiter hochklettern kann, beispielsweise aufgrund von Elternzeiten und der Stundenreduzierung auf Teilzeit danach, kommt schon gar nicht als Führungskraft in Frage.
  • Talent-Auswahl-Prozesse häufig den männlichen Vorgesetzen überlassen und keine weiblichen Mitarbeiter*innen oder Führungskräfte einbeziehen: Das birgt die Gefahr, dass das sogenannte Thomas-Prinzip bereits dort greift, wo die Weichen für neue Mitarbeiter*innen gesetzt werden.

Potenzial dort sehen, wo es ist – unabhängig vom Geschlecht

Unternehmen, die von den beschriebenen Einstellungen und Vorgehensweisen betroffen sind, befinden sich klar im Nachteil. Denn in Zukunft geht nichts mehr ohne die Frauen: Der steigende Fachkräftemangel und der War for Talents machen es für Unternehmen lebensnotwenig, den unconscious bias, das Thomas-Prinzip und unbewusste Stereotype in der Denkweise der Führungsetagen abzuschaffen. Ohne die gezielte und bewusste Förderung von männlichen UND weiblichen Talenten – also von dem gesamten Potenzial, das da ist – können Unternehmen zukünftig nicht mehr bestehen. Denn Schlüssel- und Führungspositionen können sonst schlichtweg nicht mehr besetzt werden. Was ist also zu tun?

  1. Unternehmen müssen intern ein Bewusstsein dafür schaffen, welche Gefahr von Dingen wie dem Same-sex-bias oder dem Unconscious Bias bei der Auswahl und Bewertung von Talenten ausgeht.
  2. Unternehmen müssen ihre Talentdefinitionen überdenken und anpassen: Geht es nur um Durchsetzungsfähigkeit? Oder beispielsweise auch um Sozial- und Kommunikationskompetenz?
  3. Unternehmen müssen ihre Haltung zu Karrierepfaden modifizieren. Wer ausschließlich vertikale Karriereorientierungen fördert und ermöglicht, schließt einen Großteil der Mitarbeiterschaft von vornherein aus – nämlich konkret den Teil, der Familie gründen und Elternzeit nehmen will (egal ob Mann oder Frau).
  4. Unternehmen sollten frühzeitig die Kriterien offenlegen, die sie bei Auswahlprozessen in der Talentförderung zugrunde legen. So kann die Identifikation von Talenten möglichst objektiv erfolgen.
  5. Unternehmen sollten weibliche Führungs- oder Fachkräfte in den Auswahlprozess einbinden, um den männlichen Bias auszuhebeln.
  6. Auch die Einführung einer offiziellen Geschlechterquote macht möglicherweise Sinn.

Talent Management für Mitarbeiter*innen mit nicht linearem Karriereverlauf

Öffnen sich Unternehmen für den Gedanken, dass Karriere nicht immer linear verlaufen muss, ist schon viel gewonnen. Ein Arbeitgeber, der auch die Karriere von Mitarbeiter*innen fördert, die „nur“ Teilzeit arbeiten oder eine Familie gründen möchten und deshalb in absehbarer Zeit eine Baby-Pause machen, hat langfristig hervorragende Aussichten, die besten Talente zu halten – auch über die Familiengründung hinaus. Die Herausforderung besteht dann darin, den Bogen zu spannen von der Entwicklung der Mitarbeiter*innen vor der Familiengründung zu der Entwicklung und dem Einsatz der Mitarbeiter*innen nach der Familiengründung. Ob die Elternzeit die klassische Karriere unterbricht oder der Elternteil von 40 auf 30 Stunden reduziert, um mehr bei der Familie zu sein, ist dabei irrelevant – denn in beiden Fällen arbeiten die Eltern nachher meistens Teilzeit.

Um High Potentials auf zukünftige Führungsaufgaben oder bestimmte Positionen im Unternehmen vorzubereiten, die jedoch nur Teilzeit arbeiten wollen oder können, gibt es die wunderbare Möglichkeit des Job-Sharings. Im Fall des Talent Management geht es dabei vorranging um die Sharing-Modelle Succession Tandem und Legacy Tandem.

Succession und Legacy Tandems als Chance für Eltern und Teilzeit-Kräfte

Succession und Legacy Tandems sind sich ähnlich. In beiden Modellen werden ein erfahrener Mitarbeiter/eine erfahrene Mitarbeiterin und eine Nachwuchskraft für eine gewisse Zeit als Tandem zusammengestellt. Beim Legacy Tandem geht es darum, dass die Nachwuchskraft ihren Tandem-Partner nach dieser Zeit vollständig ersetzen soll, beispielsweise weil dieser in Rente geht. Das Succession Tandem zielt zwar ebenso darauf ab, dass die jüngere die erfahrene Person ersetzt. Hierbei wird aber auch der erfahrene Mitarbeiter während dieser Zeit auf neue Aufgaben vorbereitet.

Diese Modelle eigenen sich damit bestens als Werkzeug, um Talente in ihre zukünftigen Aufgaben hineinwachsen zu lassen – und das in Teilzeit. Daher sind diese Tandems auch für Mitarbeiter*innen geeignet, die aus der Elternzeit kommen und an ihre vorherige Stelle anknüpfen und Karriere machen wollen – oder für Elternteile, die schlicht nicht mehr 40 Stunden arbeiten wollen. Auch für die Generation Z, die sich von der 40-Stunden-Woche zunehmend verabschiedet, ist ein solches Tandem eine optimale Möglichkeit, um Karriere zu machen, ohne die Work-Life-Balance aus dem Gleichgewicht zu bringen.

Jetzt könnte man sich fragen: Und was kommt dann? Ist der erfahrenere Mitarbeiter aus dem Tandem in Rente gegangen oder hat seine neue Position übernommen, müsste die Nachwuchskraft doch dann in Vollzeit einsteigen, oder?

Hier sind Unternehmen wiederum gefragt, sich für Führung in Teilzeit und das sogenannte Top Sharing (zwei Personen teilen sich eine Führungsposition) zu öffnen – oder andere Möglichkeiten zu finden, die Position möglichst flexibel zu gestalten.

Ist das gelungen, steht einem erfolgreichen Talent Management ohne genderspezifische (unbewusste) Verzerrungen und Diskriminierungen nichts mehr im Wege!

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