Interview mit Anne Christin Thomas
Wer bist du und was genau machst du?
Ich bin Anne Christin Thomas, lebe in Nordhessen auf dem Land und bin Handelsvertreterin für Kinderschuhe in Nord und Ostdeutschland.
Wie lange bist du schon selbstständig und wie alt waren deine Kinder bei dem Start in die Selbstständigkeit?
Ich bin schon seit 23 Jahren selbstständig und habe 2016 eine Tochter bekommen.
Wie bist du auf Idee für dein Business gekommen bzw. warum machst du genau das?
Während meines Studiums in Bremen habe ich in einem Schuhgeschäft verkauft. Durch diese Arbeit habe ich auf Messen viele Firmen kennengelernt, schon damals lag mir das Thema Nachhaltigkeit sehr am Herzen. Begonnen habe ich mit der damals einzigen Marke (Think!), die sich um Nachhaltigkeit bemüht hat. Es war eine reine Herzensangelegenheit.
Ansonsten hatte ich Geschichte studiert. Durch die Wendezeit hatte ich das Gefühl, die Geschichte erleben zu wollen, und bin so mit meinen Schuhen in die neuen Bundesländer gereist. Dort habe ich sehr viele verschiedenen Geschichten gehört, was ich heute noch als extrem wertvoll empfinde.
Ich hatte Lust Geld zu verdienen und zu haben. Ich habe dies mit persönlicher Freiheit in Verbindung gebracht, den Winter über war ich fast immer viele Wochen im Süden, da mein Geschäft damals ein Saisongeschäft war.
Was waren die größten Herausforderungen/Hemmnisse bei dem Wiedereinstieg nach der Geburt deines Kindes?
Jede Frau muss sich im Klaren sein, dass man in der Selbstständigkeit leider keine Absicherung hat.
Es kommt also genau darauf an, welchen Beruf als Selbstständige man ausüben möchte.
Viele Unternehmen von Selbstständigen sind von einer Elterngeldzahlung (bis auf die 300 Euro die jeder bekommt) ausgenommen, nämlich genau diese, die weiterlaufen müssen, wenn ein Kind kommt. Das heißt, dass man seine Firma weiterlaufen lässt, um seine Kunden zu erhalten. Die Regelung zum Elterngeld ist hier falsch gedacht, da man ja einen Ersatz für sich selber bezahlen muss.
Leider habe ich zwei Wochen nach der Geburt wieder angefangen zu arbeiten, zwar zu Hause, was sicher ein toller Vorteil ist, aber….eben gearbeitet, was zum Zustand einer Frau im Wochenbett nicht passt.
Ich wollte dies auch nicht, aber es war ein Notfall eingetreten, den man nur hat, wenn man selbstständig ist.
Wie erlebst du persönlich die Vereinbarkeit von Familie und Selbstständigkeit?
Im Grunde erlebe ich das als perfekt. Ich habe viel mehr Möglichkeiten als die Frauen, die immer zur gleichen Zeit irgendwo sein müssen. Ich nehme meine Familie an viele Orte mit hin. Meine Tochter hat so vieles schon kennengelernt und ist entspannt, unterwegs zu sein und Neues zu sehen, zu schmecken und zu fühlen.
Mein Mann hat aus diesem und vielen anderen Gründen eine halbe Stelle. Wir sind da realistisch. Ich weiß nicht, wie wir mit zwei vollen Stellen unseren eigenen Ansprüchen begegnen sollten.
Wenn du Müttern, die über eine Selbstständigkeit nachdenken bzw. gerade am Anfang stehen, zwei Tipps/Gedanken mit auf den Weg geben könntest, welche wären das?
- Schaut genau hin, was Ihr wirklich möchtet, wie viel Geld Ihr verdienen wollt und wann Ihr wirklich arbeiten könnt.
- Im Moment wird das „Home-Office“ Thema sehr diskutiert. Jede Frau sollte schauen, dass das Home-Office für sie nicht eine Falle ist, alles gleichzeitig tun zu wollen.
Anne, vielen Dank, dass du deine Erfahrungen mit uns teilst. Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg – privat und beruflich!