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Raus aus der finanziellen Abhängigkeit als Mutter: Ein persönlicher und politischer Appell

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  • 14. September 202114. September 2021
finanzielle Anhängigkeit - Frau ist an Mann gefesselt

Vielen Müttern droht die Altersarmut – weil sie in ihrem Teilzeitjob nicht genug verdienen. Und nicht nur das: Der Verdienst reicht häufig nicht einmal aus, um wirklich finanziell unabhängig vom Partner zu sein. Warum finanzielle Abhängigkeit ein Problem ist und was sich ändern muss.

Finanzielle Abhängigkeit von Müttern: Die moderne Fessel der Frau

Ich gebe zu: Die Überschrift liest sich etwas extrem. Trotzdem ist sie wahr. Finanzielle Abhängigkeit von Frauen und speziell von Müttern ist nicht nur ein gesamtgesellschaftliches Problem (darauf komme ich später noch), sondern auch ein persönliches. Von vielen Frauen wird das so nicht wahrgenommen – von den Männern erst recht nicht. Und ich bin nach wie vor der Meinung, dass es auch schön und erfüllend sein kann, wenn man sich als Paar bewusst für eine klassische Rollenaufteilung entscheidet. Solange alles gut geht.

Die Erfahrung von vielen vielen Müttern zeigt jedoch, dass der finanzielle Aspekt ein schwerwiegender Faktor für persönliche Entscheidungen ist. Es gibt Frauen, die sich jahrelang nicht von ihren Männern trennen und in einer sehr ungesunden Beziehung verleiben, weil sie glauben, es „alleine nicht zu schaffen“. Das Einkommen aus einer Teilzeitarbeit ist häufig auch nicht dafür gemacht, sich und seine Kinder alleine versorgen zu können. Und dann gibt es da auch noch den Gender Pay Gap; Frauen verdienen nicht nur in gleicher Position weniger als Männer, sondern arbeiten auch mit großer Mehrheit in den schlechter bezahlten Berufen.

Frau zählt Geld aus Niedriglohn-Job

Man könnte nun einwenden: Die Frau muss ja nicht alles alleine tragen, wenn sie alleinerziehend ist. Das stimmt. Es gibt die Möglichkeit, über Hartz 4 aufzustocken, Wohngeld zu beantragen oder Unterhalt bzw. Unterhaltsvorschuss zu bekommen.

Aber es gibt doch Unterhalt…?

Das Thema Unterhalt ist auch nicht mehr so ganz einfach: Sobald der Vater sich zu einem Drittel der Zeit um die Kinder kümmert oder gar das Wechselmodell mit 50/50 durchgeführt wird, bekommt Frau erstmal nichts mehr – zumindest keinen Unterhaltsvorschuss. Und das, obwohl die Lebenshaltungskosten durch eine entsprechende Wohnungsgröße und Anschaffungen für die Kinder etc. trotzdem höher sind als vorher.

Viele Frauen möchten auch nicht als Sozialfall gelten und schrecken davor zurück, beispielsweise über Hartz 4 aufzustocken. Ein Dilemma. Wenn der Mann gut verdient, kann er eventuell trotzdem unterhaltspflichtig werden… aber das müssen dann offizielle Stellen überprüfen und ausrechnen.

Finanzielle Unabhängigkeit auch wichtig in funktionierenden Beziehungen

Das Thema der Einkommenshöhe von Müttern ist aber nicht nur wichtig in dem Moment, in dem man als Paar an eine Trennung denkt. Auch in funktionierenden Beziehungen halte ich es für wichtig, dass jeder nicht nur sein eigenes Einkommen hat, sondern im Notfall auch davon leben kann. Es gibt Fälle wie eine unerwartete Berufsunfähigkeit des Mannes, Krankheit, Verlust des Arbeitsplatzes… und bestimmt noch einiges mehr, was zu immensen Problemen führt, wenn es nur einen Haupt- oder Alleinversorger gibt – und dieser der Mann ist. Abgesehen davon ist das Thema auch wichtig, um ein Machtgefälle zwischen den Partnern zu verhindern.

Was tun gegen die finanzielle Abhängigkeit als Mutter?

Jetzt stellt sich also die Frage, was du als Mutter dagegen tun kannst, in die finanzielle Abhängigkeit zu gelangen. Einkommen zu generieren – gar keine Frage. Aber was, wenn du in einem Teilzeitjob oder sogar nur Minijob arbeitest, der nicht mal annähernd dafür sorgen kann, dass du dich und deine Familie zumindest theoretisch selbst versorgen könntest?

Ich fürchte, dass das ein Thema ist, was in erster Linie politisch gelöst werden muss. Dennoch glaube ich, dass jede Frau auch etwas selbst dazu tun kann. Im ersten Schritt musst du dir darüber bewusst werden, wie du (als Paar oder Alleinerziehend, je nach dem) deine Mutterschaft gestalten willst. Zum Thema Emanzipation als Mutter habe ich bereits hier geschrieben.

Maßnahmen, die in Frage kämen (ganz ohne Wertung, ob das nun gut oder schlecht ist):

  • Arbeitsstunden aufstocken
  • Lohnerhöhung erfragen
  • Dich weiter qualifizieren für bessere Positionen
  • Nach einem Arbeitgeber suchen, der besser zahlt
  • Nebenberuflich eine Selbstständigkeit starten

Nicht alles davon hilft jetzt sofort. Das muss es auch nicht, denn es geht darum, dich überhaupt für dieses Thema zu sensibilisieren und dazu zu motivieren, dich auf den Weg in die finanzielle Unabhängigkeit zu bringen.

Frau rechnet mit ihrem Einkommen

Bei mutterschafft.de findest du beispielsweise Unternehmen, die bewusst Mütter einstellen, weil sie deren Kompetenzen und Skills schätzen – das schlägt sich sicherlich auch im Gehalt wieder. Und verstehe mich jetzt bitte nicht falsch; ich bin nicht der Meinung, jede Frau muss Reichtümer scheffeln. Es geht hier darum, dass du genug verdienst, um auf eignen Füßen stehen zu können, wenn es nötig wird.

Niedrige Einkommen bei Müttern sind ein langfristiges Problem

Das Thema finanzielle Abhängigkeit von Müttern hat noch einen weiteren negativen Aspekt. Wer heute über Jahre hinweg wenig verdient, hat im Alter sogar noch weniger – vermutlich wird ein Großteil der Mütter mit ihrem Einkommen unter der Armutsgrenze landen und Grundsicherung bekommen – es sei denn, die Rente des Mannes fängt das wieder auf. Auch hier besteht also wieder entweder die Möglichkeit, am Existenzminimum zu leben oder in einer lebenslangen Abhängigkeit zu verbleiben. Aber auch die Rente des Mannes währt nicht wenig, denn irgendwann stirbt jeder mal – und Frauen haben im Durchschnitt eine höhere Lebenserwartung.

Die Politik trägt Verantwortung für finanzielle Abhängigkeiten

Die Themen Lohngleichheit, Rente, Armut unter Müttern und speziell von Alleinerziehenden und Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind alles Themen, die auch in politischer Verantwortung liegen. Meine persönliche Meinung: Hier hat der Staat geschlafen.

Wir sind noch immer nicht bei Mindestlöhnen, die es Menschen ermöglichen, bei einem Vollzeitjob ohne Aufstockung leben zu können – wie soll man das dann erst bei einem Teilzeitjob? Die Anerkennung der Sorgearbeit durch Frauen wird immer mal in einem Statement fallen gelassen, wenn es grade passt – aber es folgen keine Taten hin zu mehr Geschlechtergerechtigkeit besonders bei Menschen mit Kindern. Die Frage des Unterhalts, Anpassungen beim Kindergeld, vielleicht sogar ein Grundeinkommen für Mütter in den ersten Jahren (nicht das Elterngeld)… es gibt so viele Möglichkeiten, um Müttern das Leben leichter zu machen.

Für die langfristige finanzielle Unabhängigkeit aber brauchen wir flächendeckend höhere Löhne, wir brauchen mehr Unterstützungs- und Beratungsangebote auch für Alleinerziehende. Und wir brauchen ein größeres Bewusstsein dafür, mit welchen Herausforderungen besonders Alleinerziehende zu kämpfen haben und warum sie deshalb kaum eine andere Möglichkeit haben, als sich im niedrig bezahlten Sektor aufzuhalten.

Diese Hürden müssen abgebaut werden!

Die Politik tut uns allen keinen Gefallen: Mütterarmut heißt in der Regel auch Kinderarmut. Eine wohlhabende Gesellschaft wie unsere, die das in der nächsten Generation und darüber hinaus auch noch sein will, muss aber bereit sein, in die Kinder und deren Entwicklungschancen zu investieren – und das fängt bei den Lebensumständen der Eltern an.

Mütterarmut heißt in der Regel auch Kinderarmut.

Sabine Moering

So lange hier nicht genug passiert, ist mein Appell an dich: Wenn es nötig sein sollte, zögere nicht, staatliche Leistungen in Anspruch zu nehmen, wenn du sie brauchst. Denn der Staat hat es mitverschuldet, dass du ohne dies kein ausreichendes Einkommen hast.

Ausweg Selbstständigkeit?

Zu guter Letzt möchte ich nochmal aufzeigen, dass auch die Selbstständigkeit ein gangbarer Weg für Mütter sein kann.

Mit Mompreneurs.de wurde das Thema in Deutschland präsenter und immer mehr Frauen entscheiden sich für diesen Weg. Nebenberuflich ist dabei genauso gut wie ein hauptberuflicher Einstieg. Ein nebenberuflicher Einstieg in die Selbstständigkeit als Mama gibt dir mehr Sicherheit; es bedeutet, dass du neben deinem regulären Job ganz ohne Druck noch etwas Eigenes aufbauen kannst. Das ist zwar mehr Arbeit und nicht immer ein Zuckerschlecken, aber es zahlt sich langfristig aus.

Mit der Selbstständigkeit hast du die größtmögliche Flexibilität, um Familie und Beruf zu vereinbaren – aber auch natürlich die größtmögliche Verantwortung. Ein Angestelltenverhältnis ist vielleicht sorgenfreier, und nicht jede Frau ist für die Selbstständigkeit gemacht. Dennoch lohnt es sich, das Thema der persönlichen finanziellen Unabhängigkeit mal aus mehreren Perspektiven zu betrachten 😉


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